Michael Konken, Bundesvorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbandes, nahm sich viel Zeit, auf alle Fragen einzugehen – und auch den Studierenden ein bisschen Mut zu machen. Foto: Geert Oeser
Zukunft des Qualitätsjournalismus
Wilhelmshaven. Die Zukunft des Qualitätsjournalismus sieht düster aus – möchte man meinen, wenn man die Meldungen über Dumpinglöhne und -honorare, ausgedünnte Redaktionen und das Verschwinden lokaler wie überregionaler Blätter (Harburger Nachrichten, Financial Times Deutschland) verfolgt. Auch Michael Konken, Bundesvorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV) und ehemaliger Pressesprecher der Stadt Wilhelmshaven, machte in seinem Vortrag an der Jade Hochschule in Wilhelmshaven auf viele Missstände und Probleme aufmerksam. Damit eröffnete er am Donnerstagnachmittag die Vortragsreihe des Instituts für Medienwirtschaft und Journalismus, die in diesem Semester den Titel „Hintergrundberichte zur Kommunikation“ trägt.
Konken befasste sich vor allem mit der Frage, mit welchen Rahmenbedingungen Qualitätsjournalismus in der Zukunft eben doch noch funktionieren kann – und nahm dabei verschiedene Akteure in die Pflicht. So sieht er zum einen die Journalisten selbst gefordert. Häufig gelinge es ihnen nicht, die komplexe Sprache von Politik und Wirtschaft so zu übersetzen, dass ihre Leser, Hörer und Zuschauer sie verstehen. Nur so könnten sie aber sicherstellen, dass Qualitätsjournalismus auch rezipiert werde. Das immer größer werdende Angebot an Informationen unterschiedlichster Qualität erhöhe auch den Anspruch an die Medienkompetenz des Publikums. „Nur mit einer verstärkten Vermittlung von Medienkompetenz gibt es eine Zukunft für den Qualitätsjournalismus“, so Konken.
Die Medienunternehmen sieht er gefordert, Journalisten die Produktion von qualitativ hochwertigen Inhalten wieder mehr zu ermöglichen. „Früher konnten Journalisten 30 Prozent ihrer Arbeitszeit für Recherchen nutzen, jetzt sind es nur noch zehn Prozent. Die kommen doch gar nicht mehr von ihrem Schreibtisch weg“, kritisierte der DJV-Chef. Auch die zu starke Quotenorientierung beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk und unsichere Beschäftigungsverhältnisse bis hin zu Vierteljahresverträgen stehen aus seiner Sicht der Zukunft des Qualitätsjournalismus im Weg. Dasselbe gelte für die Unternehmensführung mancher Verleger: „Wer vorher eine Wurstfabrik geleitet hat und jetzt einen Verlag, der schaut er eben nur auf die Zahlen“, so Konken. Massive Eingriffe in die Berichterstattung zu Gunsten von Anzeigenkunden seien die Folge – es fehle an Verständnis für die Bedeutung des öffentlichen Auftrags von Journalisten. Insbesondere die Verlage müssten darüber hinaus tragfähige Geschäftsmodelle entwickeln, um mit ihren Online-Angeboten Geld zu verdienen, die sich bis dato ohne die Print-Ausgaben noch nicht finanzieren lassen.
Und schließlich sieht der Referent gemäß Artikel 5 des Grundgesetzes auch die Politik in der Pflicht. Direkte Hilfen aus öffentlicher Hand seien wegen des Gebots der Staatsferne zwar nicht denkbar, dennoch könnten die Rahmenbedingungen für die Finanzierung von Qualitätsjournalismus verbessert werden. Zum Beispiel durch Stipendienprogramme, Recherchepreise, staatsferne Stiftungen und Crowdfunding. „Die Politik zeigt hier aber keinen Gestaltungswillen, und uns läuft die Zeit davon“, mahnte Konken.
Seine Thesen führten im Anschluss zu einer lebhaften Diskussion mit den zahlreichen Zuhörern aus der Hochschule und der Stadt, die zum Teil noch Stühle aus den benachbarten Räumen heranschleppten oder im Stehen und auf dem Flur dem Vortrag und der Diskussion lauschten. Insbesondere die jüngeren Studierenden des Studiengangs Medienwirtschaft und Journalismus hatten zu ihrem zukünftigen Berufsfeld viele Fragen an den DJV-Chef. Und Michael Konken nahm sich viel Zeit, auf alle Fragen einzugehen – und auch ein bisschen Mut zu machen.
Text: Katrin Busch