Hörforschung
09.09.2013

In mehreren Stationen erkundeten die Teilnehmer der Auftaktveranstaltung zum Forschungsschwerpunkt HALLO Entwicklungsversionen der eingesetzten Messtechnik wie hier im Labor der Abteilung Geoinformatik an der Jade Hochschule.Bild: Piet Meyer

Mühelos hören? Wissenschaftler untersuchen Höranstrengung im Alltag

Oldenburg. Am vergangenen Freitag begrüßte der Vize-Präsident für Forschung, Prof. Dr. Manfred Weisensee, Kooperationspartner und Experten aus der Hörforschung. Sie diskutierten den aktuellen Stand des Forschungsprogramms, mit dem neue Messmethoden für eine verbesserte Versorgung von Schwerhörigen entwickelt werden sollen.
Die Volkswagen-Stiftung fördert diese interdisziplinäre Zusammenarbeit von Wissenschaftlern aus Audiotechnik, Audiologie, Geoinformatik, Medizin und Psychologie über fünf Jahre. Verankert ist das Verbundprojekt HALLO am Institut für Hörtechnik und Audiologie der Jade Hochschule. Nach Ablauf von fünf Jahren, so das erklärte Ziel der Wissenschaftler, soll nicht nur eine bessere Kenntnis des Phänomens Höranstrengung stehen. Es soll auch eine praxisnahe Methodenempfehlung geben, wie die Höranstrengung in der Weiterentwicklung und Prüfung von Hörgerätetechnologien berücksichtigt werden kann.

Im Hintergrund steht die Erfahrung vieler Hörgeräteträger, dass es ihnen in bestimmten Alltagssituationen nur mit viel Anstrengung gelingt, einen Nutzen aus ihrem Hörgerät zu ziehen, eine Anstrengung, die sie rasch ermüden lässt. Tatsächlich konnte das Sprachverstehen Schwerhörender dank der Fortschritte in der Hörgerätetechnologie enorm verbessert werden. Es stehen auch ausgereifte Messmethoden zur Verfügung, um das Sprachverstehen zu überprüfen. Aber es mangelt an praxistauglichen und verlässlichen Testverfahren, um die Anstrengung zu messen, die für das Verstehen von Sprache in verschiedenen akustischen Bedingungen aufgebracht werden muss.

„Wir kennen die Alltagssituationen im Grunde nicht genau genug, um unsere Methoden und Technologien darauf abzustimmen“, erklärt Prof. Dr. Inga Holube, die Sprecherin des Forschungsschwerpunkts. „Es wird deshalb im ersten Schritt darum gehen, eine Art Kataster alltäglicher Hörsituationen zu erstellen“, so Inga Holube weiter, „in dem objektive physikalisch-akustische Kenngrößen mit den zugehörigen subjektiven Bewertungen verbunden sind.“ Für diese Aufgabe wird ein Smartphone mit einer speziellen Mikrofoneinheit eingesetzt. Mit dieser Ausrüstung werden keine Tonaufnahmen gemacht, erklärt Prof. Dr. Jörg Bitzer, der im Forschungsverbund für die Audiotechnik verantwortet. Berechnet und gespeichert werden ausschließlich Kennwerte, die keinerlei Auskunft über Gesprächsinhalte oder Sprecher geben können.

Aus dem erwartungsgemäß umfangreichen Datenpool werden Prototypen alltagsrelevanter Hörsituationen ausgewählt, die in einem zweiten Schritt nachgestellt und in hochwertiger Aufnahmequalität aufgezeichnet werden. Diese Aufzeichnungen werden im Wellenfeldsynthese-System für Höruntersuchungen benutzt. Hier werten die Geoinformatiker unter Federführung von Prof. Dr. Thomas Luhmann kleine Kopfbewegungen der Probanden aus, die im Zusammenhang mit Höranstrengung aussagekräftig werden können.

Gleiches gilt für physiologische Maße wie beispielsweise die elektrische Leitfähigkeit der Haut und den Puls, wie Mit-Antragsteller Prof. Dr. Frank Wallhoff vom Studienprogramm „Assistive Technologien“ an der Jade Hochschule erläutert. Expertise aus der Psychologie und Versorgungsforschung tragen Prof. Dr. Friedrich Müller von der Leuphana Universität Lüneburg bzw. Prof. Dr. Frauke Koppelin von der Jade Hochschule bei. Drei Doktoranden werden im Laufe des Projekts zusätzlich Teilfragestellungen untersuchen.