Anm. d. Red.: In der Reihe „Studierende berichten“ haben Studierende die Möglichkeit, ihre Erfahrungen zum Studium und zur Jade Hochschule frei und unzensiert zu äußern. Um die Authentizität der Beiträge zu erhalten, nimmt die Redaktion keinerlei Änderungen vor.
Das Projekt „Papercube“ ist eine aus LEGO Mindstorms bestehende Produktionsstraße, die das Ziel hat Studierenden des Studiengangs Wirtschaftsingenieurswesens beim Erlernen der Programmiersprache Java zu unterstützen.
Angefangen hat es…
… mit einer Idee von Andreas Baumgart, der LEGO Mindstorms in seine Vorlesung integrieren wollte. LEGO Mindstorms ist eine Reihe von LEGO, die aus LEGO Technik und einigen anderen Bauteilen besteht. Unter anderem gibt es Motoren und Sensoren (z.B. Touchsensor, Colorsensor), die von einer zentralen Recheneinheit, dem sogenannten EV3-Brick, gesteuert werden. In unserem Projekt wird der EV3 nicht über das LEGO eigene Betriebsystem, sondern über das OpenSource-Projekt LeJOS betrieben. Durch dieses Betriebssystem kann der EV3-Brick Java Programme ausführen.
Um LEGO Mindstorms in Vorlesungen benutzen zu können,…
... musste eine programmierbare Einheit geschaffen werden. Nach reichlichen Überlegungen war die Idee entstanden, mit Lego aus einem Blatt Papier einen Papierwürfel herzustellen. Dazu musste aus einem Stück Papier ein Würfelnetz ausgeschnitten, die Klebelaschen mit Kleber bestrichen und schlussendlich der Würfel zusammengefaltet werden.
Durch meinen Kommilitonen...
Jens Sterk, der bereits in das Projekt integriert war, erfuhr ich von dem Projekt und dass weitere Mitstreiter gesucht wurden. Ich bewarb mich und wurde von Herrn Baumgart in das Projekt integriert. Meine Aufgabe war es, eine Möglichkeit zu finden, wie der Würfel gefaltet und der Kleber aufgetragen werden kann. Nach einigen ersten Versuchen sprudelten die Ideen nur so. Auch bei Jens Sterk und Andreas Baumgart war dies nicht anders. Allerdings brauchten wir eine Weile, bis wir unsere Ideen zu einem ersten Prototypen ausgereift hatten.
Nachdem wir im Juli auf der IdeenExpo in Hannover ….
…sehr positive Resonanz bekamen, wurden wir darüber hinaus eingeladen, unseren Prototypen in Katar auf der World Robot Olympiad (WRO) auszustellen. Allerdings konnte ich mir im Juli nicht vorstellen im November (6. bis 9.11.) unseren Prototypen auf der WRO auszustellen, denn er hatte noch viele Ecken und Kanten. Wir beschlossen dennoch zuzusagen und fingen an, unseren Prototypen zu verbessern. Es schien alles genau zu passen. Wir wurden mit unserem zweiten Prototyp zirka zwei bis drei Wochen vor der WRO fertig und hatten zu diesem Punkt auch endlich alle Daten für die einwöchige Reise erhalten.
Trotzdem war ich mir nicht sicher, ….
...ob unser Prototyp das hielt, was sich die Organisatoren davon versprachen. Schließlich bekamen wir alles bezahlt. Den Flug, das Hotel, die Anreisekosten zum Flughafen und sogar ein tägliches Verkostungsgeld. Was wäre also, wenn Papercube den Organisatoren nicht gefällt? Darüber hinaus hatte ich mir die anderen Austeller angesehen und über einen vollfunktionsfähigen R2D2 aus LEGO und einem Rubik‘s Cube lösenden Legoroboter (hält den Weltrekord mit 3,5s) mehr als nur gestaunt und fragte mich, wie Papercube da mithalten solle.
Trotz dieser gemischten Gefühle stieg ich…
… hoch erfreut über die Einladung am 3. November in den Flieger. Sieben Stunden und einmal Umsteigen später waren wir dann in Katar. Dort angekommen, trafen wir alle, die als Austeller für LEGO Mindstorms auf die WRO eingeladen wurden. Wir waren im Grunde ein Team: die LEGO Mindstorms Experts.
Das Team kam von überall aus der Welt zusammen um seine Roboter vorzustellen. Darunter waren Kanadier, Ukrainer, Niederländer, Engländer, Griechen und sogar Japaner. Wir alle hatten was gemeinsam: das Interesse an LEGO Mindstorms und den daraus resultierenden Robotern.
Da die WRO erst am 5. November mit dem Aufbau startete, nutze das Team die Chance sich beim „Dunen Bashing“ und einem anschließendem Essen besser kennen zu lernen.
Dann war es soweit:
Wir bauten unser zuvor sehr filigran auseinander gebautes Projekt wieder zusammen. Allerdings gab es ein Problem: Wir haben im Vorfeld angegeben, dass wir einen Tisch benötigen. Da wir nicht mehr als einen Tisch, Strom und ein paar Akkus brauchten, dachten wir es würde alles gut gehen. Womit jedoch weder Herr Baumgart noch ich gerechnet hatten, war, dass die Tische mit einer minimalen Schaumstoffschicht bedeckt waren. Das sorgte dafür, dass wir unsere Schneideinheit nicht richtig ausrichten konnten. Wir bekamen beim Schneiden keine vernünftigen Ergebnisse.
Was also tun?
Wir versuchten als erstes den Cutter mit Papier zu unterfüttern, um die Gegebenheiten des Tisches zu kaschieren. Dies gelang uns leider nicht. Daraufhin nahmen wir uns eine Platte, die beim Aufbau von den Bauarbeitern vergessen worden war, schnitten sie auf das benötigte Maß zu und legten sie unter die Schneideinheit. Aber auch das half nicht wirklich weiter. Es blieb uns nichts anderes übrig, als die Parameter der Programmierung zu verändern, um ein gutes Schneidreslutat zu erzielen. Dies gelang uns schließlich und wir konnten am 6. November unsere ganze Produktionsstraße zeigen.
Das Feedback …
….der vorbeigehenden Menschen und auch der anderen Mindstorms Experts war großartig. Wir bekamen viel Zuspruch und verdutzte Gesichter. Die meisten sagten etwas wie „Sowas geht mit Lego?“ oder „Das hätte ich nicht für möglich gehalten“ aber auch „Ihr habt eine ganze Produktionsstraße?“.
Es war interessant zu sehen, wer sich für die Maschine interessierte. Die kleinen Kinder fanden sie toll, da am Schluss eine kleine Box herauskam, die wir mit zwei Bonbons der Jade Hochschule füllten. Diese konnten sie mitnehmen. Aber ebenfalls fanden sie es schön zu sehen, wie die einzelnen Komponenten mit einander zusammenspielen. Die Jugendlichen fanden es super zu sehen, was mit Aufwand möglich ist und stellten Fragen bezüglich der Programmierung und der genutzten Teile. Die Erwachsenen haben fast genauso reagiert wie die Jugendlichen, mit dem Unterschied, dass sie noch mehr auf den Lernfaktor eingingen. Sie interessierten sich dafür, wie Papercube im Unterricht eingesetzt werden wird und was die Studenten damit lernen konnten.
Schlussendlich…
...habe ich mit so einer Resonanz nicht gerechnet. Wenn man über sechs Monate lang an einem Projekt arbeitet, sieht man irgendwann nur noch die Fehler, die das Projekt hat und übersieht, was man schon alles geleistet hat. An dieser Stelle einmal ein Dankeschön an alle, die an Papercube mitgearbeitet haben und die es möglich gemacht haben in Katar unser Projekt vorzeigen zu können.
Wir haben auf der WRO sehr viele neue Kontakte geknüpft. Unter anderem haben sich die Organisatoren der WRO in Deutschland für das Projekt interessiert und uns gesagt, dass sie überlegen, unser Produkt als Austellungsobjekt auf die nächste nationale Entscheidung der WRO zu holen.
Nach einer Woche…
... war es dann auch schon wieder vorbei. Man sitzt in Deutschland und denkt sich: „Habe ich das wirklich alles erlebt? Bin ich mit einer Lego-Maschine nach Katar gereist?“ Man kann es sich nicht so richtig vorstellen. Aber es war eine interessante Reise mit tollen Team-Mitgliedern aus der ganzen Welt. Ich hoffe, dass der Kontakt zwischen uns bestehen bleibt und dass man sich mal wieder sieht. Denn das Team war einfach nur großartig.
Vielleicht sieht man sich ja schon mit in einem Jahr auf der WRO in Indien, mit einem Papercube 2.0 oder einer neuen Idee.