MWJ-Vortragsreihe
15.05.2017
Inwieweit Medien in Krisengebieten, beim demokratischen Wiederaufbau und nach Naturkatastrophen eine positive Rolle spielen, erläuterte Referentin Nadine Jurrat. <span>Foto: Geert Oeser</span>

Inwieweit Medien in Krisengebieten, beim demokratischen Wiederaufbau und nach Naturkatastrophen eine positive Rolle spielen, erläuterte Referentin Nadine Jurrat. Foto: Geert Oeser

Unabhängige Medien in Krisengebieten stärken

Inwieweit Medien in Krisengebieten, beim demokratischen Wiederaufbau und nach Naturkatastrophen eine positive Rolle spielen, erläuterte Nadine Jurrat, Beraterin für internationale Medienentwicklung, im Rahmen der Vortragsreihe des Instituts für Medienwirtschaft und Journalismus. Sie berichtete unter anderem über die Medienentwicklungszusammenarbeit in Myanmar und Haiti.

Journalist_innen arbeiten teilweise unter prekären Bedingungen

„In vielen Länder ist Journalismus eines der gefährlichsten Berufsfelder – die Kolleg_innen kämpfen in Ländern wie Mexiko oder den Philippinen unter sehr prekären Umständen um eine neutrale Berichterstattung“, berichtet Nadine Jurrat. Aus der jüngst veröffentlichten Rangliste der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ geht hervor, dass medienfeindliche Rhetorik führender Politiker, restriktive Gesetze und politische Einflussnahme in Demokratien zu einer Verschlechterung der Lage für Journalist_innen und Medien weltweit beigetragen haben. Dabei seien Journalist_innen wichtige Akteure im Prozess der Meinungsbildung. Sie sollen Informationen kritisch hinterfragen und neutral verbreiten, um so die Meinungsvielfalt zu fördern und eine Diskussionsplattform zu bieten. Die Verbesserung der Lage in den betroffenen Ländern, sei Aufgabe der Medienentwicklungszusammenarbeit.

Missbrauch von Medien

„Da wo wir hingehen fehlt vielen Journalisten eine professionelle Ausbildung“, erzählt Jurrat. „Aber auch die äußeren Umstände, wie fehlende staatliche Rahmenbedingungen, spielen da eine Rolle.“ Medien können in Konfliktsituationen Hass und Gewalt propagieren, wie das Beispiel des ruandischen Radio Mille Collines gezeigt hat. „Der Sender wurde im Juli 1993 als Sprachrohr der extremistischen Hutu-Power gegründet und rief offen zum  Völkermord auf“, erläutert die Referentin. „Ob man Medien in betroffenen Ländern stärken soll oder nicht, wurde anschließend viel diskutiert.“ Friedensforscher kamen aber zu dem Schluss, dass Konflikte sich nicht von allein lösen. Professioneller Journalismus könne eine positive Rolle spielen. Diese These konnte die Referentin am Beispiel Myanmar bestätigen.

Erfolge in Myanmar und Haiti

„Während der Militärdiktatur in Myanmar wurden die Medien jahrelang äußerst streng kontrolliert und zensiert. Seit der Machtübernahme von Staatspräsident Thein Sein befindet das Land sich in einem Prozess der vorsichtigen Öffnung“, beschreibt Jurrat. So wurde etwa die Pressezensur abgeschafft und inhaftierte Journalist_innen freigelassen. „In Ländern, die von Staatsmedien geprägt sind, kommt man die Journalist_innen kaum ran“, erläutert Jurrat die Problematik. Über „versteckte“ Journalistenschulen, an denen Trainings zu eher unpolitischen Themen wie beispielsweise Sportjournalismus durchgeführt werden, könne ein Austausch stattfinden. „Wir wollen die Personen zu einem kritischen Denken anregen und ihnen Möglichkeiten für eine neutrale Berichterstattung aufzeigen – im Falle einer Öffnung des Landes können sie eine neue Medienlandschaft mit aufbauen“, beschreibt Jurrat. Wie Medienentwicklungszusammenarbeit aktiv in humanitäre Hilfe eingebunden werden kann, wurde nach dem Erdbeben in Haiti deutlich. Dort brachen Infrastruktur und Kommunikation komplett zusammen. „Es hat sich aber gezeigt, dass Menschen mit Zugang zu Informationen solche Katastrophen eher überleben.“ Diese Erkenntnis wurde in Haiti erstmalig aktiv genutzt: über interaktive Karten, verteilte Radios und Medienzentren wurden Informationen zu Hilfsgütern verbreitet.

Unabhängige Medien stärken

Ziel der Medienentwicklungszusammenarbeit ist es, unabhängige Medien zu stärken. So könne Propaganda entgegengewirkt und ein Wiederaufbau begleitet werden. „Um damit erfolgreich zu sein, benötigen wir einen ganzheitlichen Ansatz“, fasst Jurrat zusammen. Dieser müsse an den lokalen Kontext angepasst sein, eine professionelle Ausbildung beinhalten und rechtliche Rahmenbedingungen schaffen. Außerdem müssten Medien finanziell unabhängig sein, um nicht anfällig für Korruption zu werden.