Menschen

Existenz
04.03.2016
Wiktor Stec in seiner Werkstatt.<span>Foto: Björn Lübbe</span>

Wiktor Stec in seiner Werkstatt.Foto: Björn Lübbe

Mit Werkstatt ging Traum in Erfüllung

Wilhelmshaven. Nachmittags in den ehemaligen Räumen der Sanitätsfirma Plohr an der Rheinstraße: Skateboards liegen gestapelt in einem Regal – allesamt in zwei Teile gebrochen. Die Räder sind abmontiert, Holzsplitter ragen an den Seiten heraus. Totalschaden.

Wie klaffende Wunden sehen die Bruchstellen aus. Ein Anblick, der so manchem Skateboarder wohl Tränen in die Augen treiben würde. Wiktor Stec aber lächelt. Mehr noch: Er greift zur Säge und zum Hobel, verpasst mit dem Bohrer den Skateboards den letzten Stoß.

Am Ende ist etwas Neues entstanden: Anhänger für Halsketten und Armbänder, Aschenbecher und Trophäen. Den Schmuck vertreibt der Wilhelmshavener über das Internet. „Victim Brand“ nennt er sein Label. Mit dieser Geschäftsidee hat sich der 23-jährige Wirtschaftsstudent selbstständig gemacht, seit Anfang Februar ist er in der alten Werkstatt an der Rheinstraße ansässig. „Ich habe mir damit einen großen Traum erfüllt“, sagt Stec und freut sich über die Unterstützung seitens der städtischen Wirtschaftsförderung. Der Wilhelmshavener ist einer der ersten Jungunternehmer, die über das Projekt „Plug & Work“  im Sanierungsgebiet Südstadt ein leerstehendes Ladenlokal erhalten und eingerichtet bekommen haben –  im ersten Jahr müssen sie keine Kaltmiete zahlen und  bekommen zudem eine Beratung.

Unterstützung bekommt Stec außerdem von der Jade Hochschule und dem dortigen Team der „Gründerbox“, das Studierenden dabei hilft, Geschäftsideen zu verwirklichen. An der Werkbank ist der junge Mann  indes  Autodidakt, viele Fertigkeiten hat er sich schon als Kind bei seinem Vater abgeschaut. „Das Auto reparieren, Gartenarbeit, Hausbau – meine Familie hat immer alles selbst gemacht.“

Stec  ist in Wilhelmshaven geboren, besuchte die Franziskusschule und erlangte sein Fachabitur Wirtschaft an der BBS 1 in Heppens. Gelebt hat Stec zuletzt in Sande mit seinen Eltern, die vor 28 Jahren aus Polen nach Deutschland gekommen sind. Für sein Studium an der Jade Hochschule ist Stec wieder nach Wilhelmshaven gezogen. Seit Oktober wohnt er am Bismarckplatz – zusammen mit seiner Freundin.

Die Semesterferien hat der 23-Jährige für den Aufbau seines Geschäftes genutzt. Vor allem für die  „Passion Sports Convention“  muss er derzeit reichlich produzieren. Auf der Messe in Bremen ist Stec am  12. und 13. März mit einem Stand vertreten. Wenn er nicht gerade alte Skateboards zerlegt, steht  Stec  selbst auf dem Brett. Seit zehn Jahren fährt er Skateboard. Mit der Zeit häuften sich so alte und kaputte Skateboards unter seinem Bett – „ich wusste einfach nicht wohin damit“, sagt Stec, der sich als Schüler und Mitglied des Jugendparlaments der Stadt Wilhelmshaven  für den Skaterpark im Sportforum einsetzte.

Später sei er dann auf die Idee gekommen: Warum nicht etwas Neues aus den Brettern machen. In der Garage seiner Eltern fing er an, aus den Skateboards Schmuck zu fertigen. Heute bekommt er viele alte Boards geschenkt. Einige hat er in seiner Werkstatt an die Wand gehängt – „die sind einfach zu schade für die Säge“, sagt der 23-Jährige.  Sie gehörten dem Profi-Skateboarder Ben Dillinger, der Stec einige  ausrangierte Skateboards überlassen hat.

Nun hofft Wiktor Stec, dass sich sein Geschäft „Victim Brand“ gut entwickelt. Vieles wie der Online-Shop sei derzeit noch im Aufbau. „Klar würde ich mich freuen, wenn ich irgendwann davon leben kann“, sagt er. „Und wenn nicht, war es auf jeden Fall eine wichtige Erfahrung für mich.“

Stephan Giesers (WZ)