Prof. Dr. Ralf Wandelt Foto: Jade HS
Auswirkungen der Schifffahrtskrise auf das Nautik-Studium
Im Interview mit Felix Selzer, Redakteur des Hansa Verlages, erklärt Prof. Dr. Ralf Wandelt, die Zukunftsaussichten der Nautik-Studierenden.
Wie entwickeln sich die Studierenden- und Studienanfängerzahlen in den maritimen Studiengängen?W: In Folge der Schifffahrtskrise ist die Zahl der Nautik-Studierenden am Fachbereich Seefahrt und Logistik der Jade Hochschule zurückgegangen. Das hatte zunächst weniger mit der Nachfrage zu tun als mit der Entscheidung, eine Zulassungsbeschränkung einzuführen. Es sollten nur so viele Studienanfänger und –anfängerinnen zugelassen werden wie der Arbeitsmarkt aufnehmen kann.
Wie sehen Sie die Situation, wo sehen Sie Gründe und Verantwortlichkeiten?W: Der Arbeitsmarkt für Seeleute ist nach wie vor kritisch. In den letzten beiden Semestern hat sich die Situation aber etwas entspannt. Wir können unseren Studierenden mehr Praxissemesterplätze an Bord anbieten als benötigt werden. Grund für die verbesserten Perspektiven sind Konzentrationsprozesse in der Seeschifffahrt. Fusionen, die Bildung von Allianzen, aber auch Insolvenzen von Reedereien haben zu einer gewissen Entspannung geführt.
Wie sind die Auswirkungen für die Bildungsstätten? W: Die schwierige Situation am Arbeitsmarkt für Seeleute trifft die maritimen Ausbildungsstätten in einer Phase, in der die Nachfrage nach Studienplätzen auf Grund der demographischen Entwicklung in Deutschland ohnehin zurückgeht. Gerade Hochschulen in einer geographischen Randlage, in der sich fast alle Seefahrtbildungsstätten befinden, sind besonders betroffen. Sie müssen sich auf eine sinkende Nachfrage nach Studienplätzen im grundständigen Bereich einstellen und entweder ihre Kapazität reduzieren oder neue Angebote entwickeln. Der Innovationsdruck auf den maritimen Fachbereich ist hoch.
Welche Jobaussichten haben Ihre Absolventen noch im maritimen Bereich?W: Mittelfristig sind die Aussichten nicht schlecht. Inzwischen sind unsere Nautik-Absolventinnen und –Absolventen auch wieder besser an Bord untergekommen. Selbst wenn die wirtschaftliche Situation vieler Reedereien noch ungünstig ist, wird immer noch maritime und auch nautische Kompetenz in Landberufen gebraucht. Lotsen, Verkehrsüberwachung, Schifffahrtsbehörden, Seeversicherer und Reedereien bieten adäquate Arbeitsplätze. Unsere Absolventinnen und Absolventen der wirtschaftlich-logistischen Studiengänge finden nach wie vor anspruchsvolle berufliche Tätigkeitsfelder mit einem maritimen Bezug. Sie haben aber auch die Möglichkeit, auf andere Branchen auszuweichen.
Was raten Sie Studienanfängern?W: Studieren Sie, was Sie interessiert! Ein ausgeprägtes Interesse am Studienfach sichert Ausdauer, Engagement und Durchhaltevermögen für einen erfolgreichen Studienabschluss. Wer sich für sein Fach begeistert, wird auch gute Leistungen erbringen. Und wer wirklich etwas kann, wird auch Arbeit finden. Ein informierter Blick auf den Arbeitsmarkt zum Zeitpunkt des Studienbeginns ist eher zweitrangig.
Felix Selzer