Geo
29.06.2016
Ungewöhnliche Erfahrung: Die Studierenden Christian Weiß, Bernhard Varchmin, Carsten Bruns, Martin Paschke, Tobias Stichling (v.li.n.re.) führten in der JVA Oslebshausen Messungen durch. <span>Foto: Martin Paschke</span>

Ungewöhnliche Erfahrung: Die Studierenden Christian Weiß, Bernhard Varchmin, Carsten Bruns, Martin Paschke, Tobias Stichling (v.li.n.re.) führten in der JVA Oslebshausen Messungen durch. Foto: Martin Paschke

Gefängniszellen erfahrbar machen

Oldenburg. Studierende der „Angewandten Geodäsie“ und „Geoinformatik“ der Jade Hochschule präsentierten jetzt ihre Ergebnisse im Projekt Visualisierung. Zwei Gruppen hatten sich besondere Objekte ausgewählt: Sie machten Gefängniszellen in der JVA Oslebshausen in Bremen durch 360-Grad-Fotopanoramen und Videofahrten durch virtuelle 3D-Modelle realistisch erfahrbar.

Was und wie wurde visualisiert...

Die Studierenden nahmen sechs Zellen mit unterschiedlicher Ausstattung auf. Visualisiert wurden unter anderem spartanisch eingerichtete Beruhigungszellen mit pinken Wänden, schmutzige renovierungsbedürftige Zellen im Gefängnistrakt im Altbau, aber auch Zellen für die Untersuchungshaft, die mit Kühlschrank und Fernseher eingerichtet sind.
„Die Zellen wurden mit Kameras und terrestrischen Laserscannern aufgenommen und vermessen“, erläutert Dr. Ingrid Jaquemotte, betreuende Professorin mit Schwerpunkt Visualisierung. Nach der Messung werteten die Projektgruppen das umfangreiche Bildmaterial und die Punktwolken aus. Die Fotos werden zu Abwicklungen zusammengesetzt. Diese können mit einem speziellen Viewer als 360-Grad-Panorama angesehen werden. Für den Betrachter entsteht der Eindruck, sich in der Zelle zu befinden.

Ergebnisse werden auf Kongress präsentiert

Klaus Rademacher, Honorarprofessor am Fachbereich Bauwesen Geoinformation Gesundheitstechnologie, zeigte sich beeindruckt von den Visualisierungen: „Ich bin sehr zufrieden mit den Ergebnissen. Sie vermitteln einen sehr realistischen Eindruck der unterschiedlichen Zelltypen. Genau das war das Ziel.“ Der Architekt befasst sich mit den baulichen Aspekten von Gefängnisplanungen (Jade Welt berichtete) und hatte die Erstellung der 3D-Visualisierungen angeregt. Die Ergebnisse werden nun für den im November in Dresden stattfindenden Kongress „So wollte ich eigentlich nicht sterben“ aufbereitet. Rademacher ist an der Planung einer suizidpräventiven Zelle beteiligt und wird die Ergebnisse im Rahmen eines Workshops zeigen. „Die Kongressteilnehmer haben durch die 3D-Erfahrung den Eindruck, sich wirklich in der Zelle zu befinden. Das regt zum Nachdenken an und ist etwas komplett anderes als über einem Papierplan zu diskutieren“, so Rademacher weiter.

Für die beteiligten Studierenden war es eine besondere Erfahrung, im Gefängnis zu messen. „Das war einerseits bedrückend, aber andererseits auch hochinteressant“, berichtet Student Martin Paschke. „Die Wahl der richtigen Visualisierungsform fiel uns anfangs nicht leicht. Wir haben uns für 360-Grad-Panoramen entschieden, weil wir denken, dass sie dieses Thema passend vermitteln können“, ergänzt Kommilitone Christian Weiß.

Bewerbung und Infotag

Das Wahlpflichtmodul „Projekt Visualisierung“ wird in den Studiengängen „Angewandte Geodäsie“ und „Geoinformatik“ angeboten. Bewerbungen für die Geo-Studiengänge sind noch bis zum 15. September unter ecampus.jade-hs.de möglich.

Wer sich für ein Studium der „Geoinformatik“ interessiert, ist herzlich zum Infotag am 18. August eingeladen. Die Veranstaltung bietet eine Probevorlesung, Laborvorführungen und Gelegenheit zum Austausch mit Mitarbeiter_innen und Studierenden. Geoinformatik-Studierende stellen Projekte aus ihrem Bachelorstudium vor.