Studium
TGM
16.03.2016
„Inverted Classroom“ im Studiengang Hörtechnik und Audiologie
Oldenburg. „Signalverarbeitung“ im Studiengang Hörtechnik und Audiologie an der Jade Hochschule – für viele Studierenden nicht unbedingt das Lieblingsfach. Aber das Thema gehört zu den Grundlagen und da ist es umso wichtiger, dass möglichst viele Studierende es verstehen – findet zumindest Dr. Jörg Bitzer, Professor im Bereich Technik und Gesundheit für Menschen. Zu diesem Zweck hat er im vergangenen Semester erstmals eine Vorlesung vollständig als „inverted classroom“ durchgeführt. Konzept: Die Studierenden schauen sich wöchentlich zuhause die im letzten Jahr im Khan Style aufgezeichneten Vorlesungen in kurzen Videosequenzen an, lesen parallel das Script, machen Übungen und treffen sich einmal die Woche mit Ihrem Professor um offene Fragen zu besprechen. „Die Studierenden erarbeiten sich die Lerninhalte ortsunabhängig, individuell und im eigenen Tempo. Die Präsenzzeiten an der Hochschule nutzen wir zur gemeinsamen Vertiefung“, erklärt Bitzer. „Wenn es um echtes Verständnis geht, sind wir Profs sonst oft nicht da.“Als „großen Fortschritt“ bezeichnet Jan Tinneberg, Hörtechnik und Audiologie-Student im 4. Semester das neue Konzept. „Für mich hat es gut funktioniert, weil ich viel flexibler lernen konnte. Nachmittags nach einem Tag voller Vorlesungen noch komplexe Gleichungen durchzugehen, ist nicht optimal. Sonntags in Ruhe kurze Videos anzuschauen und zwischendurch Pausen zu machen, bringt da viel mehr“, sagt der 30-jährige. Auch die Möglichkeit, zusätzliche Literatur hinzuzuziehen, zurückzuspulen oder sich die Videos bei Bedarf erneut anzuschauen, sei hilfreich.
Dadurch, dass man sich wöchentlich und strukturiert mit den Inhalten beschäftige, würde sich der Stoff festigen. „Die Knackpunkte sind bei allen angekommen, einfach weil man den gleichen Inhalt oft und auf verschiedene Arten durchnimmt.“ Ihm sei auch aufgefallen, dass mehr Kommilitoninnen und Kommilitonen als sonst kompetent mitreden würden. Das bestätigt Prof. Dr. Jörg Bitzer: „Die Studierenden fühlten sich besser vorbereit und hatten auch in einem Fach, das als schwer gilt, weniger Angst vor der Klausur. Das ist auch für mich eine Erleichterung.“ Auch für Tinneberg war die Vorbereitung der Klausur „beruhigender“ als sonst: „Es war klar, was drankommt, man konnte sich alles nochmal angucken und musste sich nicht nur auf die eigene Mitschriften verlassen. Außerdem haben wir uns ja während des Semesters schon intensiv mit dem Fach beschäftigt.“ Die Ergebnisse der Klausur sind dann ebenfalls besser ausgefallen: „Die Durchfallquote war ähnlich hoch wie bei einer vergleichbaren Klausur, aber das große Mittelfeld war sehr viel besser“, sagt Bitzer.
Mehr Arbeit sei das Ganze schon – sowohl für den Professor als auch für die Studierenden. Daher wäre es zuviel, das Konzept des „inverted classroom“ für alle Fächer einzuführen, findet Jan Tinneberg. „Aber für die technischen Grundlagenfächer, wenn man Dinge lernt, die man wirklich verstehen muss, um gut durchs Studium zu kommen, ist es sinnvoll.“