Studium

Medien
08.11.2013

Referent Prof. Dr. Bernd Blöbaum Foto: Geert Oeser

„Journalismus bleibt Journalismus“ – auch in einer digitalisierten Welt

Wilhelmshaven. „Vertrauen und Journalismus in einer digitalen Welt“ lautete das Thema des zweiten Beitrags zur Vortragsreihe des Instituts für Medienwirtschaft und Journalismus (InMWJ) an der Jade Hochschule in Wilhelmshaven in diesem Semester. Dazu sprach am Donnerstagnachmittag Prof. Dr. Bernd Blöbaum vom Institut für Kommunikationswissenschaft der Universität Münster vor Studierenden, Lehrenden und externen Besuchern der Hochschule. Aktuelle Aufhänger für eine Diskussion um Vertrauen, Vertrauenskrisen und das Bemühen um die Wiederherstellung von Vertrauen gibt es zurzeit reichlich: Die NSA-Spähaffäre, der Verschwendungsskandal im Bistum Limburg, stetig wiederkehrende Plagiatsvorwürfe gegenüber Politikern und das Dauerthema Doping im Sport. Im Besonderen – und schon immer – ist aber der Journalismus auf das Vertrauen seines Publikums angewiesen. Blöbaum verdeutlichte in seinem Vortrag, auf wie vielen Ebenen dieses Vertrauen zu betrachten ist und welche Veränderungen sich durch die Digitalisierung der (Medien-)Welt ergeben. Das Publikumsvertrauen, so führte Blöbaum aus, beziehe sich zum einen auf den Journalismus als System, zum zweiten auf einzelne Medien und Redaktionen, zum dritten auf einzelne Journalisten und schließlich auf die sogenannten journalistischen Programme – also auf das, was Journalisten tun und wie sie arbeiten. Generell gelte: Vertrauen muss sich erst verdient werden. Es reproduziert sich durch professionelle Leistungen, wie zum Beispiel Vollständigkeit und Richtigkeit der Recherche, Quellentransparenz, -glaubwürdigkeit und -vielfalt sowie Verständlichkeit und Unabhängigkeit journalistischer Beiträge. Dabei haben traditionelle Medien einen Vertrauensvorsprung vor den neuen Medien. Gleichwohl finde bei der Vertrauensbildung im digitalen Medienzeitalter ein gewisser Reputationstransfer statt: Wer dem „Spiegel“ vertraue, vertraue auch „Spiegel Online“, und je häufiger Smartphones und Tablets genutzt würden, desto eher würde dabei auf etablierte „Medienmarken“ zurückgegriffen. „Journalismus bleibt Journalismus – auch in einer digitalisierten Welt“, bilanzierte Blöbaum, der dementsprechend auch „keinen Grund zur Panik“ sieht: Journalismus habe sich immer neuen Technologien angepasst – erst dem Radio, dann dem Fernsehen, jetzt dem Internet. Dennoch seien durch die Digitalisierung neue „vertrauensbildende Aktivitäten“ erforderlich. Als Beispiele dafür nannte er den Einsatz von Ombudspersonen und Leserbeiräten, aber auch eine verstärkte Personalisierung der Journalisten selbst: Sowohl online als auch offline würden Autoren stärker in den Vordergrund gestellt. „Nichtanonymität ist wichtig für die Vertrauensbildung“, betonte Blöbaum. Es werde zunehmend wichtiger, dass Leser etwas über den Journalisten erfahren können – und über seine Arbeit. So hätten Journalisten durch das Internet ganz neue Möglichkeiten, Rechercheschritte zu dokumentieren, ihre Themenauswahl zu erklären und Einblicke in redaktionelle Entscheidungen zu gewähren – für mehr Transparenz als Grundlage für mehr Vertrauen. Auch soziale Medien als Rechercheinstrument und Präsentationsplattform, Leserempfehlungen und Popularitätswerte spielen eine wichtige Rolle. Ebenso nutzergenerierte Inhalte wie Kommentare und Forumsbeiträge, die aber gleichzeitig neue Fragen im Zusammenhang mit Vertrauen aufwerfen. So sind auf den Webseiten mancher Zeitungen im Sinne der Transparenz Leserkommentare nur noch mit Klarnamen möglich, und bei der BBC ist eine ganze Abteilung damit beschäftigt, von Nutzern eingesendetes Material – wie etwa Videos – zu verifizieren. So entwickle sich der Journalismus in einer digitalen Welt weiter, so Blöbaum, er bleibe dabei aber eine „vertrauenswürdige Einrichtung“.

Katrin Busch