Geoinformation
03.08.2015
Identifizierten die Herausforderungen auf den verschiedenen Routen durch Oldenburg (v.li.): Anja Schütte, Mitarbeiterin der Hochschulbibliothek, und die Master-Studierenden Tobias Werner, Natascha Wittauer und Stefan Franke. <span>Foto: Piet Meyer </span>

Identifizierten die Herausforderungen auf den verschiedenen Routen durch Oldenburg (v.li.): Anja Schütte, Mitarbeiterin der Hochschulbibliothek, und die Master-Studierenden Tobias Werner, Natascha Wittauer und Stefan Franke. Foto: Piet Meyer

Mit dem Rollstuhl durch Oldenburg

Oldenburg. Dieser Weg wird kein leichter sein – das war den Studierenden im Masterprogramm Geodäsie und Geoinformatik von Beginn an klar, als sie verschiedene Routen vom Campus der Jade Hochschule in der Ofener Straße zum alten Rathaus in der Innenstadt auf Barrierefreiheit untersuchten. Denn sie waren nicht wie üblich mit dem Rad oder zu Fuß unterwegs, sondern mit Rollstühlen, um die Perspektive von Rolli-Fahrern einzunehmen und die vorhandenen Hindernisse selbst zu meistern oder zu umfahren.

Im Fach Kartographie des Master-Studiums bearbeiteten sie ein Projekt mit dem Ziel, den Campus selbst und die verschiedenen Gebäude der Jade Hochschule sowie Wege durch die Fußgängerzone, Geschäfte und Cafés nach dem Ampel-Prinzip zu klassifizieren und in der Internet-Plattform WheelMap einzutragen. Unterstützt wurden sie dabei von Anja Schütte, Mitarbeiterin der Hochschulbibliothek und selbst Rolli-Fahrerin. Schütte: „Mir hat sehr gut gefallen, mit welcher Begeisterung und Ausdauer die Studierenden die verschiedenen Routen mit dem Rollstuhl bewältigt und wie schnell sie all die kleinen und großen Herausforderungen im Leben eines Rolli-Fahrers identifiziert haben.“ Zum Beispiel wie lange man suchen müsse, um ein barrierefreies Lokal inklusive barrierefreier Toilette zu finden, oder dass Bankautomaten oft so hoch angebracht seien, dass man weder die Karte einstecken noch die Beschriftung lesen könne. „Selbst kleine Stufen von ein paar Zentimetern werden zum Hindernis“, erzählt Studentin Natascha Wittauer. „Und wenn man eine Straße überquert, weiß man nie, ob die Autofahrer einen auch wirklich gesehen haben und ob man heile und schnell genug hinüberkommt.“ Auch das Kopfsteinpflaster in der Innenstadt sei eine Herausforderung, weil sich die kleinen Vorderrollen oft in den weiten Fugen festsetzen. „Das war eine erschreckende Erfahrung, wie weit wir von einem  barrierefreien städtischen Raum entfernt sind“, ergänzt Andreas Gollenstede, Lehrbeauftragter und Betreuer des Projekts. „Viele kleine Hindernisse, die man ohne Rollstuhl nicht wahrnimmt, erweisen sich ohne Hilfe als unüberwindbare Hürden.“

Neben der neuen Perspektive und der Datenerfassung ging es auch darum, mobile Navigationssysteme und ihre Funktionalität zu testen und Verbesserungsvorschläge zu entwickeln, denn WheelMap gibt es auch als App. Übrigens kann jeder dazu beitragen, die Kartierung Oldenburgs zu vervollständigen. Denn WheelMap basiert auf der Plattform von OpenStreetMap, einem internationalen Projekt zur Schaffung einer freien Weltkarte. „Frei verfügbare Daten, die von Freiwilligen erfasst werden, sind ein Phänomen, das durch das Internet in Verbindung mit Mobilfunk und Positionsbestimmung durch GPS entstanden ist“, so Prof. Dr. Manfred Weisensee, der mit den Studierenden unterwegs war. „Die Kartographie wurde dadurch zu einer Disziplin für jeden Besitzer eines Handys.“ Und im nächsten Semester wollen sich die Studierenden mit der freien Seekarte OpenSeaMap befassen.

Unter www.wheelmap.org kann jeder ganz leicht Orte finden, eintragen und über ein Ampelsystem bewerten – weltweit. Die seit 2010 verfügbare Karte soll Rollstuhlfahrern und Menschen mit anderen Mobilitätseinschränkungen helfen, ihren Tag planbarer zu gestalten. Aktuell sind über 400.000 Cafés, Bibliotheken, Schwimmbäder und viele weitere öffentlich zugängliche Orte erfasst. Täglich kommen über 300 neue Einträge hinzu. 

Wir danken dem 
Sanitätshaus Wiggers für die Unterstützung.