Prof. Dr. Dirk von Schnakenburg (li.) bedankt sich bei Martin Drust. Foto: Jade HS
„Mit Phantasie an die Spitze“
Wilhelmshaven. „Man ist irgendwo auf der Welt im Urlaub und sieht auf einmal Leute im Totenkopf-T-Shirt“, so leitet Martin Drust, der Leiter von Marketing und Vertrieb beim
FC St. Pauli, seine Veranstaltung im Marketing Praxis Forum ein. Er referiert vor einem vollen Vorlesungssaal, jeder Platz ist besetzt – das Thema scheint gut anzukommen bei den Studierenden. „Mit Phantasie an die Spitze“ lautet der Titel der Veranstaltung, und schon die Folien der Power Point Präsentation zeigen – Phantasie scheint zumindest die Marketingabteilung des Fußballvereins schon mal zu haben.
Martin Drust steigt ein in das Thema, indem er die grundsätzliche Frage vorstellt, mit der sich der FC seit jeher beschäftigt: Wie kann es der Verein schaffen, mehr Einnahmen zu generieren, ohne aufzuhören, der FC St. Pauli zu sein? Diese Frage versucht der Referent im Laufe der Vorlesung zu beantworten.
Schnell wird klar: Dieser Fußballclub ist mit seiner linkspolitischen Ausrichtung und seinen antikommerziellen Fans anders als andere. St. Pauli ist zu einer regionalen Marke geworden, die – ganz im Gegensatz zu vielen anderen Vereinen – eine deutschlandweite Fanbase hat. Es handelt sich um eine Marke, die von eben diesen Fans erschaffen wurde, die Fankultur und der Verein sind zusammengewachsen zu einer Gemeinschaft, die sich selbst als rebellisch, weltoffen und auf dem Kiez zuhause bezeichnet. St. Pauli gilt nach wie vor als ein Gegenentwurf zum konservativen Fußball – und jeder, der schon mal ein Spiel live oder im Fernsehen gesehen hat, kann das wahrscheinlich so unterschreiben.
Den Werten, hinter denen der Verein steht, soll eine größtmögliche Plattform geboten werden – dies ist aber heute fast nur noch durch einen hohen sportlichen Erfolg möglich, so Martin Drust. Der bezeichnet St. Pauli als Fahrstuhlverein – mal in der ersten Liga, mal in der zweiten, in der letzten Saison sind sie sogar fast in der dritten Liga gelandet. „Sportlicher Erfolg ist mit Geld zu kaufen“, so erklärt Drust die heutige Fußballszene, „Du brauchst Geld, um auch weiterhin konkurrenzfähig zu sein.“ Kein Wunder also, dass Fans sich gegen die Kommerzialisierung des Vereins sträuben, schließlich soll der St. Pauli weiterhin als Fußballverein gelten, der eben nicht so Mainstream und kapitalistisch ist wie viele andere. Den Spagat zu schaffen zwischen Kommerz und Subkultur, das hat Martin Drust sich zur Aufgabe gemacht.
Wie will er das letztendlich schaffen? Der Referent stellt verschiedene Lösungsansätze vor, so werden in den kommenden Saisons die jetzigen Caterer gegen die Kult-Restaurants vom Kiez ausgetauscht. In Zukunft werden St. Pauli-Fans also alte Bekannte wie die Kneipe „Kleine Pause“ anstelle des üblichen Caterings im Stadion finden.
Auch das Thema des Sponsorings geht der Verein etwas anders an als die Konkurrenz – wie soll es auch anders sein. Der Verein hat eine Strategie, wen er eigentlich überhaupt als Sponsoren haben möchte, so wird die Marke St. Pauli durch die ausgewählten Sponsoren weitergebildet.
Nach seinem Vortrag bittet der Leiter der Abteilung für Marketing und Vertrieb die Studierenden zur Fragerunde – es folgt eine Diskussion über Marketingstrategien, es werden Karrierefragen gestellt und natürlich über Fußball an sich gesprochen. Nach dieser Stunde hat der FC St. Pauli garantiert den ein oder anderen Fan mehr auf seiner Seite.