„Jodel“ ist die momentan wohl angesagteste und dabei anonyme Campus-App: Viele junge Menschen zieht sie in ihren Bann – Auch in Wilhelmshaven. Ob dies daran liegt, dass die Nutzer_innen anonynm posten und kommentieren können? Larissa und Elke haben mittels einer Befragung untersucht, wie sich die Anonymität der Nutzer_innen auf ihr Posting-Verhalten auswirkt.
Mit 32 befragten Personen, die über Facebook und WhatsApp erreicht wurden, ist die Umfrage zwar nicht repräsentativ, dennoch spiegelt sie das Nutzungsverhalten in Wilhelmshaven wider. Die Befragten waren überwiegend Student_innen im Alter von 19 bis 24 Jahren und zu zwei Dritteln weiblich. Die Untersuchung machte deutlich, dass die Hemmschwelle etwas zu posten geringer ist, wenn die User an die Anonymität der App glauben – was auch 60 Prozent der Befragten tun.
Die beiden Studentinnen im Fach Medienwirtschaft und Journalismus wollen mithilfe von 18 Fragen die Grenzen und Hemmschwellen ermitteln, die durch den Deckmantel der Anonymität gelockert sein könnten. Wichtig war ihnen auch, herauszufinden, welche Einflüsse die sogenannten Karmapunkte auf die Nutzung und Aktivität der App-User haben. Weitere Fragen waren: „Wie wirkt sich ein überwiegend positiv bewertetes Posting auf Dein Nutzungsverhalten aus?“, „Wie viele Karmapunkte hast Du angesammelt?“ oder „Fühlst Du Dich auf „Jodel“ eher dazu bestärkt jemanden zu beleidigen als auf anderen Social Media Plattformen?“
„Wir haben festgestellt, dass diejenigen, die Karmapunkte sammeln, sich auch darüber freuen, wenn ihre Postings positiv bewertet werden“, erklärt Larissa. Elke ergänzt: „Sie posten dann auch mehr, wenn sie positive Resonanz erhalten.“ Ihre Erkenntnis daraus fasst Larissa zusammen: „Wir vermuten, dass man sich durch ein gutes Posting bestätigt fühlt und dadurch Selbstbewusstsein tankt.“ Dann gibt es aber noch die Gruppe mit unter 200 Karmapunkten. „Diese Gruppe hat kein Interesse daran, ihr Selbstvertrauen mit Jodel zu steigern“, erklärt Elke. „Sie benutzen Jodel als Unterhaltung oder trauen der Anonymität nicht wirklich“. Sie postet auf Jodel gar nicht, Larissa hin und wieder. Beiden gefällt am meisten der Unterhaltungswert der App.
Warum die anonymen Postings das Selbstvertrauen mancher Nutzer fördern, während es bei anderen eine Auswirkung hat, vermutet ihr Dozent Prof. Dr. Andreas Schelske: "Ein wichtiges Prinzip der Ich-Konstruktion ist die Selbstwirksamkeit. Eventuell freuen sich die Teilnehmer über ihre Selbstwirksamkeit und rechnen sich das einer narzistischen Selbstfindung hinzu. Wir leben heute aber in einer sehr narzistischen Welt, in der die Ich-Findung immer stärker medial organisiert ist." Schelske ist Soziologe und lehrt in den Disziplinen der Kommunikationswissenschaft und Public Relations.
Trotz der Anonymität verleitet Jodel nicht zum Cyber-Mobbing. Negative Äußerungen sind dort vorwiegend über die Stadt Wilhelmshaven zu lesen. Die Studie der beiden Studentinnen macht ebenfalls deutlich, dass sich die weiblichen Befragten geringfügig eher von Cyber-Mobbing betroffen fühlen als Männer, wobei beide Werte im unteren Bereich anzufinden sind.