Medienwirtschaft
22.01.2014

Der frühere Tony-Blair-Berater William Perrin.Foto: Geert Oeser
Wie lokale Blogs in Großbritannien die Medienwelt verändern
Wilhelmshaven. Das Thema User Generated Content (nutzergenerierte Inhalte) im Internet stand im Mittelpunkt des diesjährigen Neujahrsempfangs des Instituts für Medienwirtschaft und Journalismus (InMWJ) an der Jade Hochschule in Wilhelmshaven. Dazu hatte das Institut Praxispartner und weitere Gäste aus der regionalen Medienwirtschaft eingeladen, um sich über aktuelle Projekte und zukünftige Kooperationsmöglichkeiten auszutauschen.
Institutsleiterin Prof. Dr. Andrea Czepek begrüßte die Gäste und stellte einige Arbeitsergebnisse von MWJ-Studierenden vor, die sich im Rahmen eines Medienforschungsseminars mit dem Thema User Generated Content (UGC) in Nachrichtenmedien beschäftigt hatten. Sie fanden unter anderem heraus, dass Nutzer hierzulande das Qualitätskriterium „Bürgernähe“ noch nicht so stark wahrnehmen und sich vor allem schnell und aktuell informieren wollen. Wenn Nutzer Inhalte von anderen Nutzern konsumieren, dann bevorzugt Videos – nicht Texte. Generell betrachtet, stecke das Thema UGC in Deutschland vergleichsweise noch in den Kinderschuhen – anders als in Großbritannien.
Dass sich dort in dieser Hinsicht deutlich mehr tut, zeigte der Vortrag „Hyperlocal voices in the UK – a new type of journalism?“ von William Perrin, der bereits den früheren britischen Premierministers Tony Blair, aber auch große Nachrichtenmedien wie „The Guardian“ zum Thema neue Medien beraten hat. Mit seiner Plattform „
Talk about local“ unterstützt er Menschen beim Aufbau eigener lokaler Blogs. In seinem Vortrag zeigte er anhand von zahlreichen Beispielen – vom 500-Einwohner-Dorf Parwich bis London-King’s Cross –, wie sich Briten mithilfe dieser Blogs, unterstützt durch Facebook, Youtube und Twitter, Gehör verschaffen. In einigen Städten gebe es bereits keine eigene Lokalzeitung mehr, andernorts hätten sich weder Polizei noch Verwaltung noch Medien für Missstände vom „Hundehaufenproblem“ bis zum Mord auf offener Straße interessiert.
So hätten die Bürger das Transportieren ihrer Themen in die Öffentlichkeit selbst in die Hand genommen – und das mit großen Erfolg. Perrin berichtete von erstaunlichen Klick- und Mitgliederzahlen in angegliederten Diskussionsforen und von einem hohen Maß an Ausgewogenheit und Sorgfalt in der Blog-Berichterstattung. Aus einigen Blogs seien inzwischen kleine Unternehmen geworden, die mit Werbung auf ihren Seiten Geld verdienen. Und auch wenn bestimmte Themen fehlen und viele professionelle Journalisten die Blogeinträge nicht als echte „Nachrichten“ ansehen, gehe der Trend zu einer verstärkten Kooperation mit Zeitungen und TV-Sendern – und zum Einsatz neuer Technologien wie Augmented Reality.
Anschließend führte Medientechniker Christian Albrecht die Gäste durch das neu eingerichtete Videostudio, das in Zukunft im Studiengang Medienwirtschaft und Journalismus ein noch umfassenderes Ausbildungsangebot im Fernsehbereich ermöglichen wird.
Katrin Busch

Medientechniker Christian Albrecht (im Vordergrund) zeigt den Gästen (v.l.) Andreas Leonhardt (Wirtschaftsförderung in Wilhelmshaven GmbH, WFG) und Bärbel Peters (Radio Bremen) das neue Videostudio.Foto: Geert Oeser