Campus

Vortrag
14.12.2012
Bärbel Peters referierte darüber wie Fernsehsender versuchen, mehr Zuschauer zu gewinnen. Foto: Pia Schreiber

Bärbel Peters referierte darüber, wie Fernsehsender versuchen, mehr Zuschauer zu gewinnen. Foto: Pia Schreiber

Dem Fernsehpublikum auf der Spur

Wilhelmshaven. Wie Publikumsforschung im 21. Jahrhundert beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen funktioniert und wie die Sender versuchen, mehr Zuschauer zu gewinnen, darüber referierte Bärbel Peters, Programm-Managerin bei Radio Bremen, am Donnerstagnachmittag im für dieses Semester letzten Vortrag der Vortragsreihe des Instituts für Medienwirtschaft und Journalismus (InMWJ) an der Jade Hochschule in Wilhelmshaven.
Dabei gab sie einführend einen Überblick über die Fernsehnutzung in Deutschland. Die Zahlen zeigten: Das Fernsehen ist nach wie vor das am meisten genutzte Medium, wobei bei den jüngeren und auch besser gebildeten Zuschauern das Internet eine herausragende Rolle spielt: Die Unter-30-Jährigen nutzen Fernsehen, Hörfunk und Internet etwa gleich stark. Und während die öffentlich-rechtlichen Sender vor allem bei den älteren Zuschauern beliebt sind, erreicht beispielsweise der Privatsender Pro 7 sehr erfolgreich die jüngere Generation (14 bis 29 Jahre). Bemerkenswert dabei: Obwohl die Auswahl noch nie so groß war wie jetzt, nutzen die Deutschen in der Tendenz immer weniger Sender. „Die kennen sie, und da wissen sie, was sie zu erwarten haben“, erläuterte Peters. Das habe ein Stück weit auch mit Bequemlichkeit zu tun, denn mit dem immer größer werdenden Angebot gehe der Überblick verloren. 
Als die beiden wichtigsten Einflussfaktoren auf die Fernsehnutzung nannte sie den Alterseffekt und den Kohorteneffekt. Der erste besagt, dass sich mit dem Älterwerden der Zuschauer die Senderpräferenzen verändern. „Wer eine Familie gründet, hat zum Beispiel mehr Interesse daran, was in der näheren Umgebung passiert“, erklärte die Programm-Managerin. Der Kohorteneffekt wiederum bedeutet, dass es immer eine bestimmte Generation ist, die sich von einem Sender angesprochen fühlt (Beispiel Pro 7).
Unter anderem mit aufwändigen qualitativen Studien versuchen Programmanbieter, genauer herauszufinden, was ihre Zuschauer an bestimmten Sendungen mögen und was nicht. Eine solche Studie zur Wahrnehmung des „NDR Fernsehen“ hat der NDR, für den Bärbel Peters, zu dieser Zeit noch in der Fernseh- und Eventforschung tätig war, im vergangenen Semester erfolgreich zusammen mit Studierenden des Studiengangs Medienwirtschaft und Journalismus unter der Leitung von Dr. Beate Illg, Verwalterin einer Professur an der Jade Hochschule, durchgeführt. 
Zwischen den Studierenden und den Lehrenden im Vortragspublikum und der Referentin entwickelte sich im Anschluss an den Vortrag noch eine lebhafte Diskussion über Zukunft und Chancen nicht nur des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Geteilter Meinung war man dabei vor allem über die „tagesWEBschau“, mit der die ARD seit Juni diesen Jahres versucht, die jüngere Zielgruppe verstärkt anzusprechen – mit drei kurzen Nachrichten-Beiträgen, die Themen aus der „Netzperspektive“ beleuchten. Den einen waren die Inhalte der Beiträge nicht relevant genug, die anderen empfanden es als gute und zielgruppengerechte Ergänzung zu dem, was die „normale“ Tagesschau anbietet. Die Diskussion veranschaulichte gleichzeitig das Spannungsfeld, in dem sich Fernsehmacher bewegen: Zwischen Quotenzwang und Anspruchsdenken. Text: Katrin Busch