Campus
Vortrag
27.05.2015
Es war einmal... eine Friedensuniversität am Meer
„Wir können noch Spuren der ‚APoWi’ finden“, berichtet der Historiker Oliver Schael in seinem Vortrag zur „Hochschule für Arbeit, Politik und Wirtschaft (APoWi)“, einem Reform-Hochschulprojekt, das von 1949 bis 1962 in der ehemaligen Kriegsmarinestadt sowohl inhaltlich als auch formal neue Wege beschritt. Das Institut für Medienwirtschaft und Journalismus (InMWJ) der Jade Hochschule setzte damit im aktuellen Sommersemester am Donnerstag seine Vortragsreihe fort.
Oliver Schael hat die Gründe erforscht, die zur Entstehung und zum Scheitern der Hochschule für Arbeit, Politik und Wirtschaft in Wilhelmshaven führten und zeigt zur Einstimmung historische Bildaufnahmen von Gebäudeansichten, der Bibliothek, der Mensa und einer Vorlesung im Freien. „Es gibt noch eine Straße mit Namen ‚Am Hochschuldorf’, aber sonst ist nicht viel geblieben.“ Das Hochschuldorf befand sich in den Gebäuden eines ehemaligen Marinelagers der Wehrmacht im Wilhelmshavener Stadtteil Rüstersiel. „Es war das ambitionierteste Hochschulreformprojekt der westdeutschen Nachkriegszeit. Aber es ist an seinen inneren und äußeren Kontroversen zugrunde gegangen“, betont Schael und gibt den Zuhörern einen historischen Überblick.
Nach dem Beschluss des niedersächsischen Landtages im Jahr 1947, der Gründung 1949 und damit wenige Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus war es Wolfgang Abendroth, der als kommissarischer Rektor die Geschicke der Hochschule leitete und den Demokratisierungsgedanken entwickelte. Wissensvermittlung und Charakterbildung standen im Fokus. Die ehemalige Garnisonsstadt Wilhelmshaven sollte sich zur Kultur- und Geisteswissenschaft hinwenden und Stadt des Friedens werden, die APoWi sollte durch ein gemeinsames Leben und Arbeiten von Lehrenden und Lernenden bestimmt sein. In Wilhelmshaven wurden erstmals Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften im Zusammenhang vermittelt. Dieses Modell ist bis heute Vorbild an vielen Universitäten. Es war die Rede von einer „Friedensuniversität am Meer“. Adolf Grimme hatte als niedersächsischer Kultusminister starken Einfluss auf die Entwicklung. Später wurde jedoch auch der im Nationalsozialismus aktive Jurist Ernst Rudolf Huber als Professor berufen. Obwohl aus der APoWi viele bekannte Sozialdemokraten hervorgingen, gab es also widersprüchliche Entwicklungen. Bekämpft wurde die APoWi auch von der Universität Göttingen, die die neue Hochschule als Konkurrenz ansah.
„Es gab einen relativ hohen Anteil an Studierenden aus der Arbeiterschaft und eine Einrichtung zur Erlangung der Hochschulreife für Bewerber ohne Abitur“, erläutert Oliver Schael. Die politische Ausrichtung veränderte sich durch Neuberufungen. Später folgte das Promotionsrecht, ab 1956 wurde die APoWi zur Hochschule für Sozialwissenschaften. Die Anerkennung als gleichgestellte Hochschule gegenüber den Universitäten erwies sich jedoch als dauerhaft schwierig und es gab immer wieder Bestrebungen, den Lehrbetrieb einzustellen oder die Einrichtung zumindest an einen anderen Standort zu verlegen.
Am Ende geriet die Hochschule zwischen alle Fronten, verlor die Unterstützung politisch relevanter Kräfte und trotz entsprechender Ausrichtung auch die der Gewerkschaften. Die Zeitungen berichteten negativ; Professoren beschwerten sich über eine Herabwürdigung der Hochschule in den Medien der Zeit. Von „charakterlich defizitärem Lehrkörper“ über „mangelnde wissenschaftliche Fähigkeiten“ bis hin zur Bezeichnung „rote“ Hochschule oder „SPD-Kadettenanstalt“ waren in der öffentlichen Meinung keine Grenzen gesetzt. In konservativen Kreisen wurde sie als „Gewerkschafts-Hochschule“ oder „linke Kaderschmiede“ bezeichnet.
Um den Wettbewerb unter den niedersächsischen Hochschulen nicht weiter anzukurbeln, wurde im Jahr 1962 die Eingliederung in die Georg-August-Universität Göttingen vollzogen.
Oliver Schael hat die Gründe erforscht, die zur Entstehung und zum Scheitern der Hochschule für Arbeit, Politik und Wirtschaft in Wilhelmshaven führten und zeigt zur Einstimmung historische Bildaufnahmen von Gebäudeansichten, der Bibliothek, der Mensa und einer Vorlesung im Freien. „Es gibt noch eine Straße mit Namen ‚Am Hochschuldorf’, aber sonst ist nicht viel geblieben.“ Das Hochschuldorf befand sich in den Gebäuden eines ehemaligen Marinelagers der Wehrmacht im Wilhelmshavener Stadtteil Rüstersiel. „Es war das ambitionierteste Hochschulreformprojekt der westdeutschen Nachkriegszeit. Aber es ist an seinen inneren und äußeren Kontroversen zugrunde gegangen“, betont Schael und gibt den Zuhörern einen historischen Überblick.
Nach dem Beschluss des niedersächsischen Landtages im Jahr 1947, der Gründung 1949 und damit wenige Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus war es Wolfgang Abendroth, der als kommissarischer Rektor die Geschicke der Hochschule leitete und den Demokratisierungsgedanken entwickelte. Wissensvermittlung und Charakterbildung standen im Fokus. Die ehemalige Garnisonsstadt Wilhelmshaven sollte sich zur Kultur- und Geisteswissenschaft hinwenden und Stadt des Friedens werden, die APoWi sollte durch ein gemeinsames Leben und Arbeiten von Lehrenden und Lernenden bestimmt sein. In Wilhelmshaven wurden erstmals Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften im Zusammenhang vermittelt. Dieses Modell ist bis heute Vorbild an vielen Universitäten. Es war die Rede von einer „Friedensuniversität am Meer“. Adolf Grimme hatte als niedersächsischer Kultusminister starken Einfluss auf die Entwicklung. Später wurde jedoch auch der im Nationalsozialismus aktive Jurist Ernst Rudolf Huber als Professor berufen. Obwohl aus der APoWi viele bekannte Sozialdemokraten hervorgingen, gab es also widersprüchliche Entwicklungen. Bekämpft wurde die APoWi auch von der Universität Göttingen, die die neue Hochschule als Konkurrenz ansah.
„Es gab einen relativ hohen Anteil an Studierenden aus der Arbeiterschaft und eine Einrichtung zur Erlangung der Hochschulreife für Bewerber ohne Abitur“, erläutert Oliver Schael. Die politische Ausrichtung veränderte sich durch Neuberufungen. Später folgte das Promotionsrecht, ab 1956 wurde die APoWi zur Hochschule für Sozialwissenschaften. Die Anerkennung als gleichgestellte Hochschule gegenüber den Universitäten erwies sich jedoch als dauerhaft schwierig und es gab immer wieder Bestrebungen, den Lehrbetrieb einzustellen oder die Einrichtung zumindest an einen anderen Standort zu verlegen.
Am Ende geriet die Hochschule zwischen alle Fronten, verlor die Unterstützung politisch relevanter Kräfte und trotz entsprechender Ausrichtung auch die der Gewerkschaften. Die Zeitungen berichteten negativ; Professoren beschwerten sich über eine Herabwürdigung der Hochschule in den Medien der Zeit. Von „charakterlich defizitärem Lehrkörper“ über „mangelnde wissenschaftliche Fähigkeiten“ bis hin zur Bezeichnung „rote“ Hochschule oder „SPD-Kadettenanstalt“ waren in der öffentlichen Meinung keine Grenzen gesetzt. In konservativen Kreisen wurde sie als „Gewerkschafts-Hochschule“ oder „linke Kaderschmiede“ bezeichnet.
Um den Wettbewerb unter den niedersächsischen Hochschulen nicht weiter anzukurbeln, wurde im Jahr 1962 die Eingliederung in die Georg-August-Universität Göttingen vollzogen.
Kooperation.Forschung.Förderung
Das Institut für Medienwirtschaft und Journalismus (InMWJ) an der Jade Hochschule in Wilhelmshaven fördert Forschung, Entwicklung, Lehre und Weiterbildung im Bereich Medienwirtschaft und Journalismus. Das Institut kooperiert mit Partnern aus Medien, Wirtschaft sowie Gesellschaft und entwickelt gemeinsam interdisziplinäre Projekte. Im Rahmen der halbjährlichen Vortragsreihe sprechen Referenten aus Medienwirtschaft, Wissenschaft und Politik zu medienrelevanten Themen der Gegenwartsgesellschaft.
Das Institut für Medienwirtschaft und Journalismus (InMWJ) an der Jade Hochschule in Wilhelmshaven fördert Forschung, Entwicklung, Lehre und Weiterbildung im Bereich Medienwirtschaft und Journalismus. Das Institut kooperiert mit Partnern aus Medien, Wirtschaft sowie Gesellschaft und entwickelt gemeinsam interdisziplinäre Projekte. Im Rahmen der halbjährlichen Vortragsreihe sprechen Referenten aus Medienwirtschaft, Wissenschaft und Politik zu medienrelevanten Themen der Gegenwartsgesellschaft.