Forschung

Bauwesen
18.03.2016
Auf Grundlage der Ergebnisse des Belastungstests sollen auch andere Gewölbebrücken besser beurteilt werden können. <span>Foto: Heinrich Wigger/Jade HS</span>

Auf Grundlage der Ergebnisse des Belastungstests sollen auch andere Gewölbebrücken besser beurteilt werden können. Foto: Heinrich Wigger/Jade HS

Jade Hochschule prüft Tragfähigkeit eines historischen Bauwerkes

Oldenburg/Verden. 600 Tonnen Last auf einer historischen Brücke – hält sie Stand? Diese Frage stellte sich Prof. Dr. Heinrich Wigger, Leiter des Instituts für Materialprüfung an der Jade Hochschule, und führte diesen Belastungsversuch „nicht nur“ im Labor oder am Rechner durch, sondern „in echt“. Die alte Ziegelbogenbrücke, die bisher den Bahnverkehr bei Verden über die Aller leitete, soll abgerissen werden – für Wigger das ideale Versuchsobjekt. „Historische Mauerwerksbrücken stehen in der Regel unter Denkmalschutz, daher haben wir diese einmalige Chance, die Tragfähigkeit eines historischen Bauwerks zu überprüfen, sofort ergriffen“, erklärt der Experte. In Kooperation mit Partnern aus der Wissenschaft von der Leibnitz Universität Hannover und der Hochschule Leipzig sowie aus der freien Wirtschaft und mit der deutschen Bahn initiierte Wigger den aufwendigen Versuch. Die Ergebnisse des Versuchs sollen eine Basis für die bessere Beurteilung anderer Gewölbebrücken bilden.

Ein besonderer Schwerpunkt lag für das Forscherteam der Jade Hochschule auf dem Tragverhalten des mehrschaligen Mauerwerks. Historische Brücken bestünden aus unterschiedlichen Schalen, deren wechselseitiges Verhalten untereinander noch nicht hinreichend erforscht wurde. „Fehlende Bestandsunterlagen und unzureichende Materialkennwerte des historischen und ungleichen Werkstoffs „Mauerwerk“ aus Ziegel, Naturstein und Mörtel erschweren die Bewertung des Zustandes“, erklärt Wigger. Zudem seien die Nutzungsansprüche aufgrund der erhöhten Grenzlast für den Transport in den letzten Jahrzehnten erheblich gestiegen. „Beides bedeutet, dass die Brücken eher versagen könnten“, erläutert der Professor die Relevanz des Themas.

Insgesamt sollte die Brücke mit 600 Tonnen belastet werden - ungefähr so viel wie 600 Autos wiegen. Anstelle von Autos wurde hierfür jedoch eine komplexe Konstruktion gebaut: Lange Stangen wurden 100 Meter tief in die Erde eingelassen, mit Beton vergossen und an der Brücke befestigt, sodass von oben Druck auf die Brücke ausgeübt werden konnte. Die Verformungen der Brücke wurden sowohl mit optischen dreidimensionalen Messverfahren als auch mit elektronischen Messgeräten erfasst. Erstes Ergebnis: Die alte Eisenbahnbrücke hielt Stand. Die detaillierte Auswertung der Messungen wird einige Wochen in Anspruch nehmen.

Die Gesamtkosten für die Belastungsversuche belaufen sich auf rund 150.000 Euro. Es ist geplant, drei weitere Versuche mit anderen Aufbauten durchzuführen. Für die Dokumentation soll ein Teil des alten Mauerwerks an der Jade Hochschule weiter untersucht werden.


Zum zehnköpigen Forscherteam der Jade Hochschule zählten unter anderem die Professoren Dr. Heinrich Wigger und Dr. Thomas Luhmann und die wissenschaftlichen Mitarbeiter_innen Victor Bartolomei, Murat Ince, Dr. Jan Reznicek und Heidi Hastedt aus dem Fachbereich Bauwesen Geoinformation Gesundheitstechnologie. Zudem werden auch Studierende in Form von Bachelor- und Masterarbeiten das Thema bearbeiten.

Einen Beitrag zum Brückenversuch sendete das Regionalmagazin "Buten un Binnen" am 17. März.