Forschung
Hörtechnik
14.09.2012
Neues Verfahren zur Restauration von historischen Tondokumenten
Oldenburg. Um historische Audioaufzeichnungen, wie Schallplattenaufnahmen oder alte Radiomitschnitte vor dem Alterungs- und Zerfallsprozess des Materials zu retten, haben multimediale Bibliotheken mittlerweile viele Tondokumente digitalisiert - oft jedoch in einer schlechten Tonqualität. Matthias Brandt, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Hörtechnik und Audiologie der Jade Hochschule, hat jetzt ein Verfahren zur automatischen Restauration derartiger Aufzeichnungen entwickelt. Tondokumente, die bereits in digitaler Form vorliegen, können mit dem neu entwickelten Programm automatisch von Störgeräuschen befreit werden. Bisher sind Verfahren zur Beseitigung von Störgeräuschen kompliziert, langwierig und teuer. „Unser Programm soll das Brummen, Knacken und Rauschen automatisch beseitigen, ohne dass ein Experte die Aufnahmen einzeln bearbeiten muss“, sagt Brandt. Auch würde sich das Programm für die Bereinigung von großen Datenmengen eignen. „Seit über 100 Jahren kann man Ton aufnehmen“, sagt Brandt. „Da hat sich einiges angesammelt. “ Die Klangqualität soll während der Restauration möglichst gut erhalten bleiben, was einige Herausforderungen birgt. „Schwierig ist es für das Programm z.B. ein „Brummen“ von einem Bass-Ton zu unterscheiden, da beide Töne eine tiefe Frequenz haben“, sagt der Diplom-Elektrotechniker. Daher werde vorab die Annahme getroffen, dass beim „Brummen“ die Intensität des Tons über einen längeren Zeitraum konstant bleibt, während Bass-Töne in der Regel öfter wechseln. Auch würde die Frequenz des „Brummens“, welches oft durch eine Einsteuerung durchs Stromnetz entsteht, im Gegensatz zum Bass-Ton weniger schwanken.Ein „Knacken“ herauszufiltern sei ebenfalls anspruchsvoll. „In digitalisierter Form sieht ein Kratzer auf einer Schallplatte ähnlich aus wie der Ton von Regen oder einer Trompete“, erklärt Brandt. Unsere Ohren seien auch schon bei kleinen Abweichungen sehr empfindlich. „Stimmen oder Instrumente klingen für uns schnell unnatürlich, wenn bei der Restauration etwas schief gelaufen ist“, so der gebürtige Bremer. „Im Zweifelsfall lassen wir lieber ein leichtes Knacken drin, als zu viel von der Stimme oder Musik rauszufiltern.“ Ein „Goldenes Ohr“ sei für diesen Job zwar nicht notwendig, aber die Fähigkeit, die Störungen wahrzunehmen, ihre Ursache und eine Lösung zu finden und zu hören, ob der Klang verbessert wurde. „Hören, überlegen, ändern, hören und so weiter“, beschreibt Brandt seinen Arbeitsalltag. Seit 2009 ist Matthias Brandt am Institut für Hörtechnik und Audiologie der Jade-Hochschule beschäftigt und arbeitet an einer kooperativen Promotion, die von Prof. Dr. Jörg Bitzer von der Jade Hochschule betreut und von Prof. Dr. Simon Doclo von der Universität Oldenburg wissenschaftlich begleitet wird. Besonders gut gefällt ihm, dass er in seinem Projekt seine beiden großen Interessensgebiete Musik und Programmieren vereinbaren kann. „Ich habe erst über ein Musikstudium nachgedacht – wie auch viele andere Kollegen am Institut –, aber wegen der Jobperspektiven habe ich mich für das Studium der Elektrotechnik entschieden. Immerhin kann ich jetzt Programme schreiben, die Musik machen“, sagt der 32-jährige. Das entwickelte Programm wird derzeit von dem Projekt-Partner, der Bremer Firma Cube-Tec International GmbH, getestet. Zielgruppe könnten insbesondere große Archive sein, die ihre Tondokumente einerseits für kulturelle und Forschungszwecke aufarbeiten oder andererseits kommerziell nutzbar machen möchten. Weitere Informationen:
Matthias Brandt, 0441-7708-3732, matthias.brandt@jade-hs.de