Forschung

Neue Software
30.11.2016
Martin Schiffkowski, Mitentwickler des Oldenburger Cochlea Implantat Trainers vom AWO Sprachheilzentrum, erklärt einem Träger eines Cochlea Implantats den häuslichen Gebrauch der Software. <span>Foto: Piet Meyer/Jade HS</span>

Martin Schiffkowski, Mitentwickler des Oldenburger Cochlea Implantat Trainers vom AWO Sprachheilzentrum, erklärt einem Träger eines Cochlea Implantats den häuslichen Gebrauch der Software. Foto: Piet Meyer/Jade HS

Wie taube Patienten trainieren können, Sprache zu verstehen

Wenn im Laufe des Lebens die Hörfähigkeit so stark abnimmt, dass Hörgeräte nicht mehr ausreichen, kann mit einer elektronischen Innenohr-Prothese, einem Cochlea Implantat (CI), geholfen werden. Das Institut für Hörtechnik und Audiologie (IHA) der Jade Hochschule hat jetzt gemeinsam mit der HNO-Universitätsklinik am Evangelischen Krankenhaus eine Software entwickelt, die ertaubte Patienten bei dem Wiedererlernen des Hörens unterstützt.

Zu Hause trainieren

„Im Vordergrund stand dabei der Wunsch der Patienten, nach der Implantation einer Innenohr-Prothese das Verstehen von einzelnen Wörtern und Sätzen in Ruhe und mit Nebengeräuschen zu Hause täglich nach Belieben üben zu können“, erklärt die Audiotherapeutin Katrin Bomke und Absolventin des Studiengangs Hörtechnik und Audiologie, die maßgeblich an der Entwicklung des Programms beteiligt war. „Und dabei so sicher zu werden, dass die täglichen Besorgungen leichter fallen oder Gespräche besser verstanden werden können.“
Das Trainingsprogramm „Oldenburger Cochlea Implantat Trainer“ (kurz „OL CIT“) können Patienten mittels USB-Stick zu Hause an ihrem PC leicht installieren. „Es bietet je nach Bedarf eine weibliche oder männliche Stimme, die einzelne Worte oder Sätze gut verständlich vorspricht“, sagt Martin Schiffkowski, Logopäde des AWO Sprachheilzentrums. „Die Signale werden über den Lautsprecher des PC oder Laptop in einer angenehmen Lautstärke abgespielt.“ „Der Vorteil des Programms ist, dass es für die Patienten zu Hause einfach zu handhaben ist und kostenfrei zu Verfügung steht“, fasst Katrin Bomke zusammen. Es sei eine äußerst sinnvolle Ergänzung zur logopädischen Therapie.

Software steht kostenfrei zur Verfügung

Die Software wurde im Rahmen eines Forschungsprojektes der Jade Hochschule finanziert und von einem Studenten des Instituts für Hörtechnik und Audiologie, Michael Thiermann, programmiert. Sie steht kostenfrei auf der Homepage des Instituts zum Download zur Verfügung und wird auf USB-Sticks an Patienten des Evangelischen Krankenhauses verteilt. „Der nächste Schritt könnte eine App sein, die das Trainingsprogramm noch flexibler einsatzbar macht“, sagt Dr. med. Karsten Plotz, Professor für HNO-Heilkunde, Phoniatrie und Pädaudiologie an der Jade Hochschule, der für das Projekt verantwortlich ist.

150 Patienten pro Jahr mit Cochlea Implantaten versorgt

Pro Jahr werden am Evangelischen Krankenhaus rund 150 Patientinnen und Patienten mit einem Cochlea Implantat versorgt. Das Institut für Hörtechnik und Audiologie hat zusammen mit dem Hörzentrum seit 2003 kontinuierlich die Verbesserung der hörbasierten Lebensqualität erfasst. Mit der Abteilung für kognitive Neurophysiologie wurden auch die Veränderungen der für das Hören zuständigen Bereiche im Gehirn untersucht. „Das Neu- oder Wiedererlernen akustisch wahrgenommener Sprache ist ein intensiver Prozess, der bei einigen Patienten innerhalb weniger Wochen und Monate stattfinden kann“, erklärt Plotz. Andere würden einen längeren Rehabilitationszeitraum benötigen. „Dafür scheinen die unterschiedlichen Anpassungsvorgänge in der sogenannten Hörrinde des menschlichen Gehirns verantwortlich zu sein.“

Das Programm wurde jetzt offiziell an den Chefarzt der HNO-Universitätsklinik des Evangelischen Krankenhauses, Priv.-Doz. Dr. med. Andreas Radeloff, übergeben, der vom Nutzen dieser Softwarelösung überzeugt ist: „Ich freue mich sehr über diese gelungene Kooperation zwischen Jade Hochschule und Universitäts-HNO-Klinik, die unseren Patienten unmittelbar zu Gute kommen wird.


Bild unten:
Dr. Karsten Plotz (re.), Professor für HNO-Heilkunde an der Jade Hochschule, übergibt Dr. med. Andreas Radeloff, Chefarzt der HNO-Klinik des Evangelischen Krankenhauses, die USB-Sticks mit dem Oldenburger Cochlea Implantat Trainer. Foto: Piet Meyer/Jade HS